Was ist aus dieser zierlich-süßen Person geworden, "die mit ihren riesigen Ki-Ka-Kulleraugen alle verfügbaren Beschützerinstinkte weckt?" (Stern). So kannten wir die 25-jährige Katie Melua bei ihren bisherigen drei Alben, doch auf ihrem vierten Werk ist die Stimme erstaunlich kräftig, die Pop-Musik überraschend erwachsen – und ist die gebürtige Georgierin trotzdem die alte geblieben? „Ja“, wird der traditionsbewusste Fan erleichtert nach dem Opener „I’d Love To Kill You“ seufzen – voreilig, denn danach kommt die neue Melua, deren Zauber sogar Star-Produzent William Orbit (Pink, Madonna, Sugarbabes) erlegen ist und der für sie seinen verfrühten Vorruhestand unterbricht. Den Popsong „The Flood“ verwandelt der Star-Produzent in eine kleine Pop-Oper. Doch ganz alleine ist Orbit nicht schuld an dem neuen Sound, der nur wenig mit dem Mode-Jazzpop zu tun hat, mit dem die junge Garde um Melua und Norah Jones groß geworden ist. An ihrer Seite hat sie sich weitere Kompetenz geholt. Robbie Williams‘ langjähriger Co-Autor Guy Chambers schreibt nun für die Britin und unterstützt sie gleich bei fünf Songs. Katie Meluas Ziehvater Mike Batt darf diesmal nur noch bei „God On Drums, Devil On The Bass“ – Meluas halbherziger Versuch eines Rocksongs – mitmischen.
Wenn es um den bekannten Jazz-Pop geht, ist Melua bereits eine Grand Dame. Die kindliche Verspieltheit der Vergangenheit abgelegt, wird „A Moment Of Madness“ zu einem Meisterstück und „Red Ballons“ zur wunderbaren Ballade. Überhaupt hangelt das Album von Höhepunkt zu Höhepunkt und eignet sich aufgrund seiner neuen Frische sogar im Frühling – bisher waren Melua-Alben eher für Wolldecken-Herbstabende mit Kakao geeignet. Abgeschlossen wird das kleine Meisterwerk mit dem Titelsong – den hat sie ganz alleine geschrieben: Großartig.