Wer will überall sein?


Etwas belustigt erzählt Hannes Wittmer, dass die „Brigitte Woman – Das Magazin für Frauen über 40“  ihn in einer Rezension seines neues Albums „Das große Spektakel“ den „melancholischen Rebell“ genannt hat. Vielleicht etwas dick aufgetragen, aber so verkehrt liegt die Autorin der Frauenzeitschrift auch nicht.

Anders als melancholisch lassen sich die Songs von Hannes Wittmer kaum bezeichnen, die er mit Unterstützung von Clara Jochum (Cello und so), Jonny König (Schlagzeug und so) und Felix Weigt (Bass und so), im nicht besonders gut gefüllten Bremer Tower präsentiert. Dass sich doch nur so wenig Zuschauer zum Konzert eingefunden haben, kann kaum an den hohen Eintrittspreise liegen, denn Hannes Wittmer lädt nach dem Pay what you want-Prinzip ein. Also sind Studenten, die nur 5 Euro bezahlen können, genauso willkommen, wie prekär-beschäftigte Lehrer, die eben etwas mehr bezahlen.

Enttäuschung über die geringe Resonanz ist der Band nicht anzumerken, wohl aber etwas Skepsis, ob das mit der Stimmung klappt. Nachdem Hannes aber bereits nach dem ersten Song gefragt wird, ob er für sein vierstündiges Konzert auch Pizza geordert hat und Hannes die Frage akustisch nicht verstanden hat, hilft sein Bassist aus: „Da hat dich jemand Wixer genannt.“ Das Eis ist gebrochen, der Abend funktioniert.

Wer verfolgt hat, dass Hannes sich nicht mehr Spaceman Spiff nennt und auch seine Musik neuerdings verschenkt, fragt sich natürlich: Funktioniert das? Und dabei ertappt man sich auch während des Konzerts bei den Gedanken: Das kostet doch alles. Anstatt mit mininmaler Besetzung wie beim letzten Spaceman Spiff-Konzert aufzutreten, ist es nicht nur die vierköpfige Band, sondern auch das ganze Equipment, das beeindruckt. Unzählige Instrumente tummeln sich auf der Bühne und ständig wechseln die Musiker ihre Instrumente. Ergo, die können auch noch was und machen die Abend auch musikalisch perfekt.

Hervorstechend bleiben aber die wunderbaren Texte, die geblieben sind, egal unter welchem Namen Hannes Wittmer (dessen Vater froh ist, ihn nicht mehr Spaceman nennen zu müssen) nun veröffentlicht. So wird es tatsächlich ein melancholisches und kurzweiliger Abend mit einem wie immer überaus sympatischen Sänger. Und es bleibt die Hoffnung, dass seine bewusste Abkehr von kapitalistischen Marktzwängen funktioniert und es ihm gelingt, noch mehr Menschen mit seiner Musik zu erreichen.

Oder um es mit seinen Worten zu sagen:

ein holzweg in beton gegossen
führt uns überall hin
aber wer will überall sein
aber wer
wer will überall sein

Affen – Hannes Wittmer
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