… bei mir. Oder genauer: bei meiner Uhr. Nach zehn Jahren steht sie plötzlich still. Zum Start in die Zeit als voller Sozialabgabenzahler hatte ich die Uhr geschenkt bekommen und nun steht der Zeiger auf Viertel vor Neun – immerhin nicht auf fünf vor Zwölf. Aber überrascht hat mich die Arbeitsverweigerung nicht, wurde Sie dich schließlich vom Uhrmacher meines Vertrauens vor einigen Jahren angekündigt: „Nach etwa zehn Jahren muss die Automatikuhr einmal grundgereinigt werden (und das wird teuer).“
Die etwa „zehn Jahre“ sind um und ich besuchte einen Uhrmacher (nicht meines Vertrauens) auf, traf zuerst auf eine Mitarbeiterin …
Ich: „Guten Tag!“ (Ist natürlich Unsinn, ich habe ‚Moin‘ gesagt, möchte aber die internationalen Besucher meines Blogs nicht verwirren. Oder wie wird ‚Moin‘ bei Google übersetzt???)
Sie: „Guten Tag!“ (Anmerkung s.o.) – „Wie kann ich Ihnen helfen?“
Ich halte ihr meine Uhr hin, die sie entgegen nimmt und von beiden Seiten anschaut.
Ich: „Die läuft nicht mehr!“
Sie: „Batteriewechsel?“
Ich: „Nein, Batterieeinbau, denn noch läuft die Uhr auf Automatik, wie sie sicherlich gerade an dem Wort ‚Automatic‘ auf der Vorderseite oder an der sichtbaren Automatik auf der Rückseite mit ihrem geschulten Auge einer Fachverkäuferin gesehen haben.“
Gut, das hätte meine Antwort sein sollen, aber ich bin ein höflicher Mensch, der ebenso höflich und gar nicht genervt antwortet:
Ich: „Das ist eine Automatikuhr.“
Sie: „Achso …“ (Sie überlegt … aber nur ganz kurz …) „Die müssen Sie natürlich bewegen“ und hält mir die Uhr, voller Stolz eine Lösung für den Weltfrieden gefunden zu haben, wieder hin.
Ich: „Achso, vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen“, hätte ich natürlich sagen können und einen Menschen glücklich gemacht. Ich bin zwar höflich, aber nicht doof und habe immer noch eine defekte Uhr – mittlerweile wieder in der Hand.
Ich: „Das ist mir wohl bewusst, aber die Uhr funktioniert trotzdem nicht.“
Sie: „Dann muss ich mal eben den Uhrmacher fragen, da brauchen wir wohl einen Kostenvoranschlag.“
Sie nimmt die Uhr widerwillig und verschwindet im Hinterzimmer, um nach sehr kurzer Zeit wieder zu kommen.
Sie: „Er schaut da rein. Wenn Sie morgen Abend wiederkommen, kann er etwas zu den Kosten sagen.“
Morgen Abend. Gleicher Ort. Und leider … gleiche ‚Fach-‚Verkäuferin, die sich merklich nicht an mich erinnert. Bin manchmal nicht traurig, keinen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Nach den üblichen Begrüßungsfloskeln …
Ich: „Ich wollte nach meiner Uhr schauen, die ich gestern abgegeben habe.“
Sie: „Gestern? Wer hat Ihnen das denn versprochen? Die Chefin? Da muss ich schauen.“
Sie kramt rum, findet aber keine Uhr. Also zumindest nicht meine.
Sie: „Gestern? So schnell? Das muss die Chefin gewesen sein!“
Ich: „Nein, das waren Sie!“
Sie: „Achja, ich war gestern ja auch hier. Also die Uhr ist noch nicht fertig und der Uhrmacher ist gerade kurz weg, wenn Sie eben warten wollen.“
Super, denke ich, das kann dauern. Ich mache noch eine Erledigung bei kompetenteren Geschäften in der Umgebung. Als ich wieder komme, ist auch der Uhrmacher gerade ins Geschäft gegangen. Das kann dauern, denke ich nochmal, als sich der Uhrmacher meine Uhr schnappt und ins Hinterzimmer entschwindet. Doch – Überraschung – er kommt nach gefühlten 20 Sekunden zurück.
Er: „Ich habe hier eine Automatikuhr“, fragt er in den Raum, was wenig Sinn macht, denn außer mir ist niemand da.
Ich: „Ja, das ist meine.“
Er: „Also, ich habe mir die mal angeschaut …“ – stimmt, mehr kann da nicht gewesen sein – „da müssen Sie mit 180 bis 200 Euro rechnen. Die muss komplett gereinigt werden, dann würde ich das austauschen …“ und faselt weiter, bis ich ihn unterbreche:
Ich: „Aber das die jetzt ganz plötzlich gar nicht mehr funktioniert, muss doch einen Grund haben.“
Er: „Ja, das würde sich dann erledigen, wenn ich die einmal komplett reinige und dieses und jenes austausche.“
Ich: „Vielen Dank, das muss ich mir überlegen.“
Und mit ‚das‘ war gemeint, ob ich diesen Laden jemals in meinem Leben wieder aufsuche …
Epilog (zwei Wochen später)
Mittlerweile schnurrt meine Uhr wieder. Lautlos. Einwandfrei. Ohne Verspätung. Zu verdanken ist dies meinem neuen Uhrmacher des Vertrauens. Dieser hat die Uhr nicht nur bei der ersten Ansicht liebevoll von außen begutachtet, sondern auch gleich einen Blick hinein geworfen, den Fehler ausgemacht und mir ausgiebig erklärt. Anschließend wurde sie von Grund auf gereinigt, geölt und eine neue Schwungfeder eingesetzt. Nun darf sie wieder rund zehn Jahre ihren Dienst verrichten, bevor ich Uhren Haider wieder aufsuchen werde. Ach … und bezahlt habe ich in diese guten Hände lediglich 117 Euro.